Das alte Jahr ist gestorben und in der Finsternis der längsten Nacht des Jahres
(21./22. Dezember) kam ein neues zur Welt. Wir feiern es als göttliches
Neugeborenes und überschütten es und damit uns selbst mit Gold und
Weihrauch, Handys und CD-Playern.
Etwa eine Woche später wird
uns bewusst, dass wir das Neue Jahr mit Inhalt füllen müssen. Auf uns
wartet der Augenblick, wo wir unsere Guten Vorsätze fassen müssen -
ein allgemein bekanntes Ritual, bei dem wir eine Zauberformel formulieren,
um vor uns liegende Wirklichkeit wirklich zu machen.
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Doch wir wissen, dass das nicht möglich ist
ohne zu sterben: Was immer wir im Neuen Jahr sein oder haben wollen,
kann nur wirklich werden, wenn die Person, die all das nicht war oder hatte, aufhört
zu existieren.
Vor dieser Veränderung, Verwandlung, Vernichtung und Chance fürchten wir
uns so, dass wir uns lieber mit den Anderen zusammen kauern, uns mit Sekt
berauschen und die Geister des alten Jahres mit lautem Lärm und Feuerwerk
vertreiben.
So werden wir - wie in so vielen Jahren
zuvor - im gleichen Jahr erwachen, mit einem Kater und einem eigentümlichen
Gefühl der Leere. Wir werden mit wachsendem Entsetzen beobachten, wie sich
die Zahl des Jahres verändert und wie unser Körper sich verändert, während
unser Leben sich nicht verändert. Und wir werden den Augenblick des vollständigen
Todes fürchten, der mit jedem Jahr näher kommt. (weiter)
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